Ägypten



Kairo

Sonntag, 06. April 2009

Asyut

„Nice jeans do you have“ mit diesem Spruch und vielen belustigten Blicken bin ich bedacht worden, weil ich mit meiner Motorradhose bei den Pyramiden rumgelaufen bin, und dieses Beinkleid in Ägypten fast unbekannt ist.

Nun bin ich ein paar hundert Kilometer von Kairo entfernt und bin seit ca. einer Woche in Ägypten. Die Überfahrt von Aqaba in Jordanien nach Ägypten lief problemlos, allerdings war die Einreise nicht so problemfrei, wie ich mir dass vorgestellt hatte. Plötzlich meinte ein Grenzbeamter, dass Quads in Ägypten gar nicht auf der Straße fahren dürften, und so ergab sich eine Diskussion, die sich über Differential, Rückwärtsgang und Straßentauglichkeit eine Zeitlang hinzog, und die dann doch zugunsten einer Einreise entschieden wurde. Ich sah mich schon die teure Fähre zurück nach Jordanien buchen. Ein höherer Offizier der Touristenpolizei hat mir sehr geholfen, doch noch einreisen zu können, vielen Dank. Allerdings war das ganze Prozedere recht langwierig und so konnte ich die Zollstation nur noch im Dunkeln verlassen. An eine Weiterfahrt war nicht mehr zu denken. Dies wäre auch nicht so gut gewesen, denn die Sinaihalbinsel ist sehr schön. Die Berge reichen bis an den Golf von Suez heran und so kam ich in den Genuss vieler schöner Kurvenstrecken, die mit gutem Asphalt eine Freude zu fahren waren. Ca 200 Kilometer vor Kairo musste ich allerdings anhalten, weil die hintere Kardanwelle, die sich schon etliche Kilometer vorher gemeldet hatte, den Geist aufgegeben hatte. Ich habe sie ausgebaut und bin mit dem Vorderradantrieb weitergefahren, um in Kairo auf die Ersatzteile zu warten.

In der Zwischenzeit musste ich mich auch noch um meine Visumverlängerung in der Sudanesischen Botschaft kümmern, die sich ein wenig hinzog, und sagenhafte 100 US Dollar kostete. Das Visum selber in Deutschland besorgt, wäre um einiges günstiger gewesen. Aber was soll’s, ich kann es ja doch nicht ändern und muss hier tief in die Tasche greifen, um das Land betreten zu können. Allein die Einreise hat an die 270 Dollar gekostet, und damit bin ich wohl noch billig weggekommen; einige Geländewagenfahrer, die ich getroffen habe, berichteten von höheren Summen.

Generell ist Ägypten eher für den Pauschaltouristen gemacht, der Individualtourist ist eher unwichtig. Ich erlebe hier eine Mischung aus Abzocke – gerade an den Touristenpunkten wie den Pyramiden – und einer großen Gastfreundlichkeit und Hilfsbeitschaft.

Ich bin natürlich zu den Pyramiden und Madame Sphinx gegangen, aber die ständige Nerverei um irgendwas, was dann letztendlich doch Geld kosten soll, vermiest einem schon ein wenig die Stimmung. Erst hinter der zweiten Pyramide wird es etwas ruhiger, weil viele Touristen nicht so weit gehen, und ich konnte mir die Bauten etwas näher ansehen. Sie sind schon gewaltig, und wenn ich mir vorstelle, mit welchen technischen Hilfsmitteln die Pyramiden gebaut wurden, bin ich von der architektonischen Leistung wirklich beeindruckt. Auch wenn ich mir vorstelle, wie diese Menschen die Sphinx gebaut haben – Respekt, die ist auch ganz schön groß. Nur die Nase fehlt, und aufmerksame Leser von Weltliteratur wissen natürlich warum – weil Obelix sie abgerissen hat, als er der Dame auf den Kopf geklettert ist!

Auch den Khan el Khalili – Bazar von Kairo habe ich besucht und stand staunend vor der Vielfalt der Waren und Artikel , die hier angeboten werden. Wer mich kennt, weiß natürlich, dass ich mich liebend gerne von dem Touristen-Basar entferne, um den Teil zu sehen, in dem die Einheimischen einkaufen. Und was es dort nicht alles gibt. Edelstahlküchen selbst gezimmert, Handyteile en masse, Kinderkleidung so bunt wie ein Regenbogen, Spielzeug und Küchengeräte, Luxusartikel und Dessous. Und es lässt sich wirklich sehen, was die Damen unter der schwarzen Bourka tragen, wenn man den Auslagen trauen darf.
Auch das Essen ist dort sehr lecker und preiswert. Und ich lasse es mir gut gehen, fühle ich mich doch sehr wohl und sicher.

Nach drei Tagen ist dann, dank ADAC und Herkules, die Kardanwelle am Flughafen angekommen und nach drei Stunden und vielen vielen Büros, die ich ohne professionelle Hilfe gar nicht gefunden hätte, konnte ich meine Ersatzteile mit auf den Campingplatz nach Gizeh mitnehmen und einbauen. Froh war ich gestern, dass ich dem Moloch von Kairo entronnen bin. Bei 18 Millonen Einwohnern kann man sich in Deutschland gar nicht vorstellen, wie groß eine Stadt sein kann, Berlin mit gerade mal drei bis vier Millionen ist da geradezu ein Dorf. Und der Verkehr ist grauenhaft. Auf zweispurigen Straßen wird vierspurig bis zu versuchten fünf Spuren gefahren. Jeder versucht, so gut wie es geht schneller zu sein als der Andere. Es wird gedrängelt und gehupt wie wild (Hupen heisst, “Ich bin da, ich komme an dir vorbei!” oder “Ich will hier vor dir rein!” aber auch, und für mich nervig, “Ich finde dein Quad toll!”) es macht das Fahren für mich nicht einfacher, angehupt zu werden, weil die Leute mein Fahrzeug toll finden, schrecke ich doch jedes Mal zusammen, weil ich denke, da kommt jemand und will an mir vorbei. Der Lärm ist unvorstellbar. Bis in die Nacht hinein wird gehupt und gelärmt, dass an Schlafen neben der Straße kaum zu denken ist. Und morgens um halb vier wird man wieder vom Ruf des Muezzin geweckt, der zum Gebet aufruft.

Ich freu mich schon auf den Sudan, der mir von vielen Reisenden als sehr schön geschildert wird. Inshallah bin ich nächste Woche dort.

Sonntag, 12. April 09

ASSUAN

Kurz vor dem Sudan

Von Kairo bin ich dem Niltal entlang in den Süden gefahren. Ob dies ein Fehler war oder nicht, kann ich nicht sagen, aber die Straße war nicht so toll gewählt. Ich wollte eigentlich auf dem schnellsten Weg in den Süden, aber viele Kontrollen, noch mehr Verkehrsberuhigungsschwellen und der rasende Verkehr in den zahlreichen Dörfern und Städten entlang des Weges verhinderten einen guten Geschwindigkeitsdurchschnitt.

Das Niltal ist sehr fruchtbar, und so reihten sich grüne Felder aneinander, Dattelhaine wechselten sich im Süden mit Zuckerrohrfeldern ab.
Übernachten ist außerhalb der Städte nicht erwünscht und dort auch nur in Hotels. In Beni Hassan wollte ich auf der rechten Nilseite in einem malerischen Bergeinschnitt übernachten. Kaum war ich dort angekommen, kam schon der Erste mit dem Fahrrad angestrampelt und erzählte mir, dass es keine gute Idee sei, hier zu übernachten. Gerade ausgesprochen, kam der Nächste, zu Fuß, aber mit Karabiner bewaffnet – meist ein Zeichen für einen Dorfpolizisten, meist – mir wurde schon mulmiger. Wo die wohl alle herkamen? Der dritte war ein uniformierter Tourismuspolizist, der wie fast alle Tourismuspolizisten, kein Englisch sprach. Dieser nahm mich mit (beziehungsweise ich ihn) zu seiner Wache in Beni Hassan, und sein Chef schickte mich mit der Begründung, hier sei es zu gefährlich zu übernachten, nach El Minya zurück, 25 Kilometer durch die Dunkelheit, die mittlerweile vorherrschte.

War nichts mit wild campen.

Hier wird man als Tourist richtig durchgereicht, ein Loch aus dem Netz wird wohl schwer zu finden sein.

Ab Asyut wurde ich sogar 150 Kilometer von einem Polizeiauto eskortiert. Was meiner Sicherheit dienen sollte, war auch meiner Geschwindigkeit nützlich. Nachdem ich dem ersten Fahrer (sie wechselten alle 20 -30 Kilometer das Begleitteam) klargemacht habe, dass mein Tuc-Tuc schneller als 30 km/h fahren kann und ich heute Abend noch in Luxor sein wollte, ging es zügig voran. Und sie ließen mich durch jede Kontrolle fahren, kannten jeden Bumper und jedes Hindernis und warnten mich rechtzeitig. Und alle waren sie sehr freundlich. Ganz im Gegensatz zu Luxor, wo die eine Hälfte der Bevölkerung erpicht zu sein schien, den Touristen um jeden Preis das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ganz dreist war ein junger Verkäufer, der mit einem unverschämten Grinsen behauptete, ich hätte ihm nur zwei Pfund anstelle von Dreien gegeben. Irgendwie war der anschließend schneller als ich beim Rennen.

Ich merkte in Luxor, was mir auch in Kairo aufgefallen war, dass mich die alten Gemäuer nicht wirklich interessierten. Sind zwar ganz nett, aber mehr empfinde ich nicht für sie. Ich glaube, ich wäre kein guter Archäologe!
Aus diesem Grund ließ ich auch so manchen alten Tempel links liegen auf der Weiterfahrt nach Assuan. Viel lieber sind mir solche Gespräche wie mit dem koptischen Gemeindemitglied, mit dem ich mich lange unterhalten habe, über seine Kirche, deren Traditionen und Glauben.

Die Koptische Kirche ist die älteste christliche Kirche und Orthodox. Die Katholiken haben sich im vierten jahrhundert von den orthodoxen Kirchen abgespalten.
Die Kopten sind sehr stolz auf ihre Tradition und der dreistündige Gottesdienst, den ich besucht habe, um die Kirche besser kennen zu lernen, besteht nur aus Ritualen, die ich nicht alle verstanden habe. Das koptische Alphabet besteht aus einer Mischung aus griechischen und kyrillischen Buchstaben; c.a. 20 – 30 Prozent der Ägypter sind Christen, die mit den Muslimen mehr oder weniger friedlich nebeneinander leben.

Südlich von Asyut wurden die Menschen auch wieder freundlicher. Habe ich im Norden eine unbestimmte Aggression gespürt (ich bin auch an einer Stelle vorbeigekommen, an dem eine Frau öffentlich verprügelt worden ist und die Menge, die sich versammelt hatte, freudig erregt war), konnte ich kurz vor Luxor wieder frei durchatmen.

In Assuan kaufte ich mein Ticket, schaute die Maschine durch, machte einen Ölwechsel, baute die Scheibe ab, die mich im nun folgenden Gelände eher behindern als unterstützen würde, genoss das Leben hier (viel entspannter als in Luxor, obwohl hier auch auf Schritt und Tritt jemand „Taxi?“ „You want a Felluk, only one hour“ oder „Speedboat?“ ruft, und erledigte schon einmal die ersten Formalitäten, aus Ägypten wieder auszureisen. Die Nummernschilder sind wieder abgegeben (kein Pfand zurück) und ich harre der Dinge, die morgen auf mich zukommen, wenn es auf die Fähre nach Wadi Halfa geht.

Wahrscheinlich werde ich die erste Strecke durch die Wüste in Begleitung von drei jungen Engländern mit ihrem Landrover machen, die ich hier vor dem Büro von Herrn Salah getroffen habe, so dass ich nicht alleine diese Strecke fahren muss.

Sudan, ich komme