Äthiopien



Freitag, den 24.04

Gonder, Äthiopien
„You miss something?“ – Bluten sah ich mich schon auf dem Weg, mein Ersatzrad nebst Dachklappe zurückzubekommen, die ich in dem Dörfchen 100 Kilometer hinter der Grenze zu Äthiopien verloren hatte, aber zu meinem Glück konnten wir – will heißen: das Dorf und ich – uns dann doch noch auf einen moderaten Finderlohn einigen, so dass ich zwar um 50 Birr erleichtert, jedoch um die Sorge einer verloren gegangener Dachklappe weniger weiterfahren konnte.

Aber wie ging es von Khartoum aus weiter? Ich hatte einige Tage auf mein Visum warten müssen und einige Hindernisse zu überwinden, damit ich in Richtung Äthiopien starten konnte. Das erste Hindernis war Geld, es war nämlich nicht möglich, mir von meinem Städtchen aus per Western Union Geld in den Sudan zu schicken. “Äthiopien geht, Ägypten auch, aber den Sudan finde ich nicht im Computer”. Das ginge nur von Köln aus, danke an Noelle, die dies noch für mich gemacht hat. Dann gab es keine Dollars! Doch die Botschaft nahm aber nur Dollars. Keine Euros keine Pfund, kein nichts, nur Dollars. Und die Banken tauschen nur gegen Vorlage eines Flugtickets, dass ich natürlich nicht hatte. Ich hatte dann Glück. Als ich in einem Hotel nach anderen Möglichkeiten fragte, bekam dies ein Hotelgast mit, die allemal Dollars eintauschen wollte, so dass wir uns schnell einig wurden. Mein Visum war nun im Pass und mit 20 Dollar nun wirklich nicht teuer. Ich war froh aus Khartoum raus zukommen. Es war sehr warm. Über 40 Grad im Schatten, der wenig vorhanden war. Ich musste sechs bis sieben Liter Wasser am Tag trinken, das nach kurzer Zeit nach dem Kauf schon wieder brühwarm wurde. Die letzte Nacht in der Hauptstadt war die wärmste. Es kühlte gar nicht mehr wirklich ab, so dass ich die ganze Zeit über mit Schweiß bedeckt war. Also nichts wie weg aus der Hauptstadt des Sudan, die auf dem Reisbrett entstanden ist und so auch nicht den Reiz einer gewachsenen Stadt besitzt. Überall Parolen, den geliebten Präsidenten doch in Ruhe zu lassen. Den kürzlich erlassenen Haftbefehl des Internationalen Gerichtshofes sehen viele Sudanesen als großen Fehler an.

Weiter ging es für mich durch die Hitze in den Osten in Richtung Grenze. Mir blies wieder ein heißer Wind um die Ohren. Das kann man sich vorstellen, als säße man den ganzen Tag in der Sauna und einer hält einem ständig den Föhn ins Gesicht – sehr angenehm das Ganze.

Allmählich wechselte die Landschaft von Wüste zu Savanne und es wurde etwas hügeliger. Gestern fuhr ich dann von Gederef die 150 Kilometer zur Äthiopischen Grenze, was innerhalb von einer Stunde recht schnell erledigt wurde. Klasse, da hatte ich mich auf mehr Zeit eingestellt.

Die Straße wurde immer schlechter und war teilweise der reinste Horror. Ich war froh, im Sudan meinen Frontgepäckträger verstärkt zu haben, weil der auf Grund des überhöhten Gewichtes und der Verlagerung nach vorne stark beansprucht wurde. Immer höher ging es, bis auf 2.300 Meter hoch. Teilweise ist die Strecke zwar schon asphaltiert (Frontspoilertauglich) und wird wohl nächstes Jahr fertig sein, aber die langen Zwischenabschnitte hatten es in sich. Und an einer dieser Stellen ist es dann passiert, dass sich das Aufstelldach des Wohnwagens samt daran befestigtem Ersatzrades verselbständigt hat. Da ich dies aber erst 10 Kilometer weiter gemerkt habe (vor lauter Rumpeln des gesamten Fuhrparks habe ich nichts gehört) musste ich umkehren und wurde in dem Dorf fündig. Schon als ich am Dorfeingang lächelnd weiter gewunken wurde, schwante mir für meinen Geldbeutel schlimmes, aber wie erwähnt, es hielt sich in Grenzen, obwohl 50 Birr fast einen durchschnittlichen äthiopischen Wochenlohn bedeutet.

Das Äthiopische Hochland ist mit seinen Tälern und Bergen, mal sanft geschwungen, mal schroff und abweisend, insgesamt sehr abwechslungsreich. Einmal war ich sogar an die Eifel erinnert und einmal an die Toskana. Sehr schön das Ganze hier.

Ich bin nun in Gonder gelandet, einer alten Kaiserstadt, die ich mir heute anschauen werde nachdem meine Wunden geleckt und alles repariert worden ist. Die Temperatur ist mit 25 Grad sehr angenehm, und gegenüber dem Sudan fast schon kalt.

Benzin zu bekommen ist hier gar nicht so einfach. Ich hoffe aber doch noch auf eine Möglichkeit, meine Tanks und Kanister voll zu bekommen.

Sonntag, den 26. April 09

Ich bekam Benzin in Gonder und so konnte ich am anderen Tag nach Bahar Dar am Lake Tana fahren, um mich dort um die Reparatur de Daches und des Chassis zu kümmern und um ein wenig Urlaub von der Reise zu machen.
Das Hotel Ghion in Bahar Dar liegt auf ca. 1.900 Metern Höhe direkt am See und bietet einen schönen Ruhepunkt mit Seeblick.
Auch ist es ein Treffpunkt, nicht nur für Reisende, sondern auch für dort arbeitende Ausländer und so führe ich viele interessante und lange Gespräche über Äthiopien, die Arbeit und die Entwicklungshilfe. Eigentlich ist es unglaublich, dass sich nach 40 Jahren Entwicklungshilfe immer noch steinzeitliche Agrarwerkzeuge im Betrieb befinden, die es schon vor 500 Jahren gab (ein Wissenschaftler sprach auch schon vom größten Heimatmuseum).

Ich habe schon den Begriff des sozialistischen Landes mit demokratischem Aushängeschild gehört und was die Helfer berichten geht genau in diese Richtung. Der Staat kontrolliert fast alles und so kann es passieren, dass das Lager zwar voller Hämmer ist, diese aber inventarisiert sind und so nicht an die Leute ausgegeben werden können, die damit arbeiten sollen.

Ich habe zwar Steinzertrümmerungsmaschinen gesehen, die im Straßenbau eingesetzt werden. Diese dürfen aber nicht in der Privatwirtschaft genutzt werden und so passiert es, wenn ein Hausbesitzer Kies braucht, er einen Menschen einstellen muss, der ihm die Steine mit dem Hammer klein klopft! Unglaublich!
Dass sich die Entwicklungsdienste nicht aus den Ländern zurückziehen hat wohl politische Gründe, um das Land nicht den anderen Kräften zu überlassen (China stürmt nach Afrika) aber dass hier viel Geld unsinnig verpulvert wird, liegt nicht nur an der Mentalität der Einheimischen (ein Priester, der schon 40 Jahre hier in Äthiopien lebt sagte “Do never trust an Ethopien”), sondern auch an den inneren Strukturen der Dienste und dem Nichterkennenwollen der eigenen blinden Flecke.
Um so mehr ist es wichtig zu sehen, welche Projekte denn funktionieren und wo wirklich geholfen werden kann, denn diese gibt es auch. Mir fallen immer wieder die Beispiele der Microkredite ein, die bei den Menschen einsetzen. So auch das Projekt von Kim und Tim, dem holländischen Pärchen, dass eine Lodge am Lake Tana eröffnet hat und den Menschen hier Kleinkredite gibt, um z.B. Hühner zu kaufen, und das gegen eine Garantie, die Eier abzukaufen. Aber es ist schwer, da die Äthiopier kaum Managereigenschaften besitzen und die, die es im Ausland gelernt haben, auch oft dort bleiben; es kehren wenige zurück nach Äthiopien.

Die Mitarbeiter, die ich in Bahar Dar traf, waren teilweise echt frustriert über die Zustände und ich fragte mich und sie, warum sie nicht einfach den Job abbrechen und nach Hause gehen. Ich erhielt keine wirklich befriedigende Antwort darauf. Sie wollen halt helfen, wo es geht.

In Bahar Dar fand ich auch eine gut bestückte Werkstatt (Mulat) die nun wirklich nach Werkstatt aussah. Und sie reparierten mir mein Dach und das Chassis des Wohnwagens wirklich fachgerecht und erleichtert konnte ich wieder zum Hotel zurück, um weiter Urlaub von der Reise zu machen.

Die frisch gepressten Säfte schmeckten mir wirklich gut und so ließ ich ein wenig meine Seele baumeln und genoss den Blick auf den See. Schwimmen gehen ging leider nicht, da die Aussagen über die Bilharzioseverseuchung stark auseinandergingen und ich das Risiko nicht eingehen wollte. So gingen halt nur meine Augen ins Wasser und meine Geschmacksnerven hielten sich dafür an das leckere Essen hier.

Freitag, den 01. Mai 09

Nach einer zweitägigen Tour durch das Äthiopische Hochland bin ich nun in Addis Abeba angekommen. Die Landschaft war riesig auf dem Weg hierher. Bis über 3.100 Meter ging es hoch und in der Nilschlucht ging es von 2500 Metern Höhe recht schnell auf unter 1.100 Meter herunter, um gleich wieder die 2.500 Meter zu erklimmen. Hier sah ich auch die ersten Paviane im Felsen und an der Straße. Ganz schön groß die Viecher und mit Vorsicht zu genießen. Auch die Geier bei einem Mahl zu beobachten hatte ich die Gelegenheit, obwohl sie etwas nervös wurden, als ich knatternd neben ihnen gehalten habe. Das Quad meisterte die Höhenlagen enorm gut. Natürlich merkte ich die Höhe anhand von weniger Leistung. Und der schlechte Sprit tat sein Übriges, aber es ging gut und auf den Höhen habe ich fast acht Liter auf 100 Kilometer verbraucht; ein super Wert für das Gewicht. In Addis habe ich erstmal meine Reifen getauscht. Will heißen, die Maxis hatten hinten noch so viel Profil, dass ich sie nach vorne montierte, um die Hinteren neu zu bereifen. Da der Verschleiß so gering ist, brauche ich mir nach Nairobi nur vier neue schicken zu lassen, anstatt alle sechs, wie ich es ursprünglich vorhatte. Auch ein Frühstück beim Deutschen Bäcker ließ ich mir nicht nehmen; endlich mal wieder ein anderes Brot.

Bei Wims Holland House ließ es sich gut leben,. Er hatte sehr leckeren Kartoffelsalat und auch seine Informationen waren gut zu gebrauchen. Auf dem Platz traf ich Mike, einen Irischen Motorradfahrer, der auf den Weg seiner Afrikaumrundung einiges zu erzählen wusste und Jörg, einen deutschen Radfahrer, den es nicht so gut in Äthiopien getroffen hatte wie mich. Er erzählte von zahlreichen Steinen, die ihm um die Ohren geflogen sind.

Derlei Erfahrungen habe ich zum Glück sehr selten gemacht. Generell waren die Infos, die ich vorab bekommen habe sehr negativ, was die Menschen betraf. Ob ich nun den Quadbonus hatte, oder etwas anderes- so habe ich viele freundliche Menschen getroffen, wenig Aggression abbekommen und wurde selten mit irgendwas beworfen. Nach Addis zu wurde es allerdings etwas aggressiver, aber gen Süden sind die Leute wieder friedlicher geworden.

Nach zwei Tagen sicheren Aufenthalts bei Wim in Addis ging es dann 800 Kilometer in den Süden Richtung Kenia. Ich war plötzlich im Dschungel. Bananenstauden, Kaffee, exotische Bäume, Affen und anderes Getier machten mir deutlich, du bist nun wirklich in Afrika. Die Straße ging von 2500 Meter nun auf 1200 Meter herab und die Landschaft änderte sich wieder ein wenig. Auch die Menschen auf dem Land trugen wieder andere Kleidung. Traditionell mehr Wickeltücher anstatt normale Hosen, Röcke und T-Shirts.

Leider holte mich hier nun die kleine Regenzeit ein und es regnet hier mindestens einmal am Tag. Am ersten Tag war ich so nass, dass die Sachen erst am nächsten Tag trockneten. Aber man gewöhnt sich an alles. Da muss ich durch, bis es in Namibia nicht mehr so feucht wird.

Nun bin ich in Moyale, die Grenzstadt von Äthiopien und Kenia. Und bald geht es auf die schlimmste Strecke meiner ganzen Reise, runter nach Marsabit und Siolo. Jeder erzählt Horrorgeschichten davon, wie schlimm die Straße sei und dass man zwei ganze Tage dafür braucht. Nun, mal sehen, wie das Quad und der Hänger und natürlich ich auch, diese Strecke meistern. Zum Glück ist die Internetsituation in Kenia besser, in Äthiopien war sie eine reine Katastrophe. Ich konnte meine Emails nicht abholen und auch in mein Blog war gesperrt und langsam war das Ganze sowieso. Nun geht es in Kenia hoffentlich besser und ich kann häufiger Berichten.

Über 9.000 Kilometer haben wir nun seit dem Start in Köln hinter uns.